Dein Energievernichter...
Zugegeben, betrachtet man es rein physikalisch, kann Energie nicht vernichtet, sondern nur umgewandelt werden. Und genau dafür brauchst Du deinen Anker im Auto. Ebenfalls physikalisch erklärt, wandelt deine Bremse die kinetische Energie des Fahrzeuges durch Reibung in thermische Energie, also Wärme um. Allein das impliziert schon, dass die Bremsen die mit Abstand wichtigsten und am meisten beanspruchten Systembauteile deiner rollenden Doppelhaushälfte sind. Wenn dich interessiert, was geschieht, wenn Du das mittlere Pedal trittst, könnten die nächsten Abschnitte durchaus von Interesse für Dich sein.
Aufbau und Funktion:
Eine handelsübliche Scheibenbremse besteht aus einer Bremsscheibe (1), die an der Radachse befestigt ist, sich also immer mit dem Rad mit dreht, einem schwimmenden Bremssattel (2) und den beiden Bremsklötzen mit den Bremsbelägen (3), die sich beidseitig der Scheibe befinden, und durch die sich die Scheibe hindurch dreht. Übrigens: schwimmender Sattel ist wichtig, damit sich die Bremsbeläge, die sich am Sattel auf beiden Seiten der Bremsscheibe befinden, gleichmäßig an selbiger anlegen. Dass davor noch ein Hauptbremszylinder, Bremsschläuche und ein ESP- oder ESC-Aggregat (für Dein ABS) kommen, beschreibe ich hier nur auf der Tonspur. Bei Problemen an diesen Bauteilen ist unbedingt eine Werkstatt aufzusuchen. Im Sattel (im Bild unten hochgeklappt dargestellt) wiederum befinden ein, zwei oder auch drei Bremszylinder (4), die über den Bremsschlauch mit Hydraulikflüssigkeit (Bremsflüssigkeit) gefüllt sind. Außerdem hat deine Bremse einen Raddrehzahlsensor, den du nicht siehst, und einen Bremsbelagsensor. Ersterer leitet die Drehzahl des Rades an das ESP-Steuergerät weiter, während letzterer dich bei abgefahrenen Bremsbelägen warnt mit dem notice, diese zu erneuern. Dazu aber später...
Trittst Du nun auf das Bremspedal, wird über einen hydraulischen Kolben im ESP-Aggregat und die Bremsleitungen ein Bremsdruck für jedes Rad erzeugt, der die Kolben der Bremszylinder nach außen drückt. Dadurch legt sich zuerst der innere Bremsbelag an die Scheibe. Danach wird der Sattel (wir erinnern uns: schwimmend) auf Schiebestücken so weit nach innen verschoben, bis sich der äußere Bremsbelag an die Scheibe anlegt. Bis hierher merkst Du noch nichts, und dieser Vorgang auch nur den Bruchteil einer Sekunde. Bleibst du auf dem Bremspedal und der Druck im Bremssystem steigt weiter an, werden die beiden Bremsbeläge immer fester an die Scheibe gedrückt und erzeugen durch die Reibung mit der sich drehenden Scheibe Wärme. Dabei gilt, je mehr kinetische (Bewegungs-)Energie vom Fahrzeug abgebaut wird, desto mehr thermische Energie (Wärme) entsteht. Bei einer Gefahrenbremsung (Vollbremsung) aus vielleicht Tempo 100 mit deinem Wohnmobil kann das durchaus dazu führen, dass die Scheibe rot glüht, aber keine Angst, da passiert nix dafür ist sie ja schließlich da. |

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Das ABS:
Das ESP schlägt zu, wenn unsere Raddrehzahlsensoren - wir erinnern uns: einer pro Rad - registrieren, dass das entsprechende Rad beinahe blockiert. Bei trockenem Asphalt geschieht das selten. Da fliegt Euch eher die Bettwäsche nebst allem, was nicht niet- und nagelfest ist von hinten um die Ohren. Aber bei regennasser Fahrbahn, vor allem, wenn nur eine Seite des Fahrzeugs betroffen ist, kann das relativ schnell geschehen und gefährlich werden, wenn das Fahrzeug dann ausbricht. In diesem Falle bekommt das ESP-Aggregat eine Meldung, dass es doch bitte nur dieses Rad kurz "loslassen" soll, damit es sich wieder schneller drehen kann, packt dann aber sofort wieder zu. Solltet Ihr mal in einer Gefahrensituation gewesen sein, mit eurem Auto oder dem Womo in einem Fahrtraining oder auf der Straße, und es hat beim Bremsen angefangen im ganzen Auto angsterregend zu rattern, was sich duch ein Vibrieren des Bremspedals unter Euren Füßen fortgesetzt hat, dann war das genau dieser Regelzyklus.
Wichtiger Hinweis. Ich beschreibe an dieser Stelle auch den Wechsel der Bremsscheiben und -beläge für eine Scheibenbremse. Ich bin jedoch ausgebildeter Kfz-Mechaniker und glaube zu wissen, was ich tue. Obgleich Bremsen erneuern leicht und auch für den Schrauber möglich ist, gibt es dabei eine Devise: Bremsen sind kein Spaß! Bei Bremsen gilt die Sorgfaltspflicht und Genauigkeit. Wer möchte, und sich das zutraut, kann meine Beschreibung gerne als Hilfestellung zur Selbsthilfe sehen, jedoch weise ich ausdrücklich darauf hin, dass solche Reparaturen im Zweifelsfall immer von einer Fachwerkstatt durchgeführt werden sollten. Aus diesem Grunde übernehme ich keinerlei Haftung für Schäden, Unfälle oder (gefährliche) Folgesituationen, die durch eine Fehlerhaft montierte Bremse entstehen.
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Wann muss eine Bremse erneuert werden? Es gibt drei Indikatoren auf Scheiben und Belägen.
!!Vorsicht: nicht direkt nach dem Anhalten auf die Bremsscheiben fassen, Verbennungsgefahr!!
Am deutlichsten sichtbar und bei montierten Reifen zu prüfen sind Rieffen auf der Scheibe. Sie entstehen, wenn Schmutzpartikel, wie z.B. kleine Splittsteine o-ä. zwischen Scheibe und Belag gelangen. Diese Riefen sind zu sehen und auch zu ertasten.
Des weiteren läuft die Scheibe ein, d.h. die Bremsscheibendicke verringert sich durch Abrieb. Es gibt für jede Scheibe eine Mindestdicke, die Du beim Bremsenhersteller erfragen könntest. Einfacher geht es, wenn du mit der Fingerspitze die Scheibe entlang nach außen streichst. Spürst Du am äußeren Rand der Scheibe einen etwa 2 bis 3 Millimeter hohen Grat einen spürbaren Wiederstand, an dem Du vielleicht sogar mit dem Fingernagel "hängen bleibst", muss die Scheibe getauscht werden. |
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Ein dritter Indikator ist die Stärke der Bremsbeläge. Ihr habt zwar einen Bremsbelagdickensensor im Fahrzeug und wenn der auslöst, könnt Ihr, je nach Fahrstil auch noch hundert Kilometer weiterfahren, doch wenn ich weiß, ich fahre in vier fünf Wochen im kommenden Urlaub 4-5Tkm, wechsel ich die Dinger lieber vorher und warte nicht, bis die gelbe Lampe im Kombiinstrumen leuchtet. Das tut sie nämlich gemäß Murphy's Law immer am maximal weitestentfernten Punkt eurer Reise. Auch das Prüfen der Bremsbeläge kann auf der Strasse bei motierten Rädern geprüft werden. Dazu mußt Du von Schräg oben in den Sattel schauen. Dort siehst Du die Bremsbeläge, die auf die Bremsklötze aufgeklebt sind. Beide sind normalerweise recht gut vonenander zu unterscheiden. Da du nicht direkt herankommst, musst du jetzt schätzen: Ist der Bremsbelag nur noch etwa 5mm dick, also etwa so dick wie ein Smartphone ohne Hülle oder etwa ein Bleistift, sollten sie gewechselt werden.
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Informiere dich vor dem Kauf über die genaue Ausstattung deines Fahrzeugs. Viele Modelle, gerade in den Modelljahreswechseln, haben vielleicht unterschiedliche Bremsanlagen verbaut. Die Einzelteile müssen passen! Eine Bremsscheibe, die zu klein oder zu groß ist darf ebenso nicht verbaut werden, wie Bremsklötze, die nicht perfekt in den Sattel passen!
Es ist nicht notwendig aber immer besser, Beläge und Scheiben gemeinsam zu wechseln, weil sich beide aufeinander "einschleifen". Dabei emfpehle ich: Neue Beläge auf alte Scheiben, die ein gleichmäßiges Tragbild, also keine Rieffen aufweisen, ist nicht gut, aber im Notfall OK. Neue Scheiben unter alten Belägen: No Way - auf keinen Fall! Damit Dir also die volle Bremsbelagfläche zum Verzögern zur Verfügung steht, ist es wichtig, dass sich die neuen Bremsbeläge auf die neuen Scheiben einschleifen. |